Low-Code-Plattformen sind kein Hype, sondern für mich ein praktischer Hebel, um interne Prozesse sehr schnell zu automatisieren — oft binnen weniger Wochen. In zahlreichen Projekten habe ich erlebt, wie Teams mit begrenzten IT-Ressourcen konkrete Prozessprobleme lösen, von manuellen Excel-Workflows bis zu Freigabeprozessen und einfachen Integrationen zu SAP oder Office 365. In diesem Beitrag teile ich meine erprobte Vorgehensweise, typische Fallstricke und konkrete Werkzeuge, damit Sie Low-Code-Projekte schnell, sicher und wirkungsvoll umsetzen können.
Warum Low-Code — und wann wirklich sinnvoll?
Ich beginne immer mit der Frage: Welches Problem wollen wir lösen? Low-Code eignet sich besonders, wenn Sie
- einen klar definierten, wiederkehrenden Prozess haben (z. B. Urlaubsanträge, Beschaffungsfreigaben, Onboarding),
- regelbasierte Entscheidungen oder einfache Datenflüsse automatisieren möchten,
- rasch Prototypen brauchen, um Nutzerfeedback einzuholen, oder
- Integrationen zu Standard-APIs (Microsoft Graph, REST) erforderlich sind, aber keine umfangreiche Custom-Entwicklung.
Low-Code ist weniger geeignet für hochkomplexe Backendsysteme, stark maßgeschneiderte Algorithmen oder Performance-kritische Anwendungen — dafür benötigen Sie weiterhin klassische Entwicklung. Wichtig ist: Low-Code ist ein Werkzeug in einem Toolbox-Set, nicht die einzige Lösung.
Pragmatischer Fahrplan: Prozessautomatisierung binnen Wochen
Meine typische Vorgehensweise lässt sich in fünf schnellen Schritten zusammenfassen. Ziel: Minimales Risiko, schneller Nutzen, frühes Nutzerfeedback.
- Tag 0–3: Problemdefinition & Scope-Creep verhindern
Ich lege gemeinsam mit den Stakeholdern den Kernprozess fest. Wichtig ist ein klarer Start- und Endpunkt, definierte Eingabedaten und messbare Erfolgsindikatoren (z. B. Durchlaufzeit, Fehlerquote, Nutzerzufriedenheit). - Woche 1: Prototyp & UI-Tests
Mit einer Low-Code-Plattform (z. B. Microsoft Power Apps, Mendix, OutSystems) baue ich einen Klick-Prototyp. Ziel: ein valides Nutzertesting innerhalb von 3–5 Arbeitstagen. Hier fange ich an, UI-Feedback einzuholen und Prozesse zu visualisieren. - Woche 2: Datenmodell & Integrationen
Parallel zum UI-Prototyp entsteht das einfache Datenmodell (SharePoint, Dataverse, SQL). Ich priorisiere Integrationen: Email, Azure AD, eventuell SAP-Connectoren. Statt perfekter Architektur priorisiere ich stabile, wartbare Verknüpfungen. - Woche 3: Testlauf & Trainings
In einem Pilot mit 5–10 Nutzern validieren wir End-to-End-Prozess, rollen Korrekturen ein und schulen die Key-User. Ich produziere kurze How-to-Videos statt langer Handbücher. - Woche 4: Go-Live & Monitoring
Nach finalen Anpassungen erfolgt der Rollout in einem Teilbereich oder einer Abteilung. Monitoring-Metriken (Nutzungsraten, Fehlerraten, Prozessdauer) werden eingerichtet und monatlich geprüft.
Technologieauswahl: Kriterien statt Markenromantik
Bei der Auswahl der Plattform achte ich auf folgende Kriterien:
- Integrationsfähigkeit (REST, SAP, Microsoft-Ökosystem)
- Governance-Funktionen (Rollen, Deployment, Versionskontrolle)
- Sicherheits- und Compliance-Standards (Datenspeicherung, Verschlüsselung)
- Skalierbarkeit und Lizenzmodell (wann wird es teuer?)
- Community & Support (Templates, Beispielprojekte)
Gängige Plattformen, die ich nutze oder empfehle, sind Microsoft Power Platform (Power Apps + Power Automate) für Unternehmen mit Microsoft-Stack, Mendix und OutSystems für größere, komplexere Szenarien, sowie Appian oder Betty Blocks je nach Use Case. Jede Plattform hat Stärken: Power Automate ist stark bei Office-Integration, Mendix bietet schnelle Citizen-Developer-Modelle und OutSystems glänzt bei Skalierung und Governance.
Governance & Sicherheitsregeln, die wirklich helfen
Ein häufiger Fehler ist fehlende Governance: Schnell entstehen Insellösungen, Sicherheitslücken oder unkontrollierte Kosten. Meine Checkliste:
- Definieren Sie ein zentrales Center of Excellence (CoE) für Low-Code — zwei bis drei Personen reichen oft anfangs.
- Legen Sie klare Regeln für Datenhaltung und Zugriff fest (z. B. keine sensiblen Daten in unverschlüsselten Tabellen).
- Schreiben Sie Deployment-Prozesse vor: Testumgebung → Staging → Produktion.
- Monitoring: Error-Logs, Auslastung und Lizenzverbrauch im Blick behalten.
- Governance-Board für Budgetfreigaben über definierten Schwellen.
Beispiel-Use-Cases, die schnell wirken
Hier ein kurzer Blick auf konkrete Prozesse, die ich oft innerhalb von 2–6 Wochen umsetze:
- Onboarding-Workflow für neue Mitarbeitende (Formulare, Checklisten, IT-Accounts, Schulungspläne).
- Reisekosten- und Spesenfreigaben mit Automatisierungen für Rückerstattung.
- Beschaffungsketten: Anfrage → Genehmigung → Bestellung → Dokumentation in ERP.
- Qualitätsmeldungen in Produktion mit automatischen Eskalationsregeln.
KPIs zur Erfolgsmessung — was Sie wirklich messen sollten
Messbare Ergebnisse sichern Akzeptanz und Budgetfortsetzung. Wichtige KPIs sind:
- Durchlaufzeit des Prozesses (vorher vs. nachher)
- Anzahl manueller Eingriffe/Fehler pro Monat
- Nutzerakzeptanz (Net Promoter Score oder Zufriedenheitsumfragen)
- Zeitersparnis in Personentagen
- Kosteneinsparung vs. Lizenz- und Betriebskosten
Typische Stolpersteine und wie ich sie vermeide
Erfahrung zeigt: Manche Fehler wiederholen sich. Meine Präventionsmaßnahmen:
- Scope Creep: Ich setze ein Minimum Viable Process (MVP) als Ziel. Zusätzliche Features kommen in Iterationen.
- Unklare Verantwortlichkeiten: Für jeden Prozess definiere ich einen Prozess-Owner.
- Fehlende Nutzerakzeptanz: Ich binde Key-User früh ein und sammle echtes Feedback statt Annahmen.
- Lizenzschock: Vorab-Kalkulation der Lizenzkosten und Szenarienplanung bei Skalierung.
Praxis-Tipp: Citizen Developers sinnvoll einbinden
Citizen Developers sind eine große Chance, weil Fachabteilungen selbst Lösungen bauen können. Ich empfehle:
- Einführungs-Workshops mit Templates und Best-Practice-Patterns
- Governance-Guardrails (vorgefertigte Datenmodelle, Approved-Connectors)
- Mentoring durch das CoE: Review und Unterstützung bei Architekturentscheidungen
Kurzer Plattformvergleich
| Plattform | Stärken | Wann einsetzen |
|---|---|---|
| Microsoft Power Platform | Beste Integration in Office 365/Teams, günstig für Microsoft-First-Umgebungen | Für schnelle Automatisierungen, Formular-basierte Workflows |
| Mendix | Schnelle Prototypen, gute Modellierungswerkzeuge, Skalierbar | Für Fachbereichs-Apps mit mittlerer Komplexität |
| OutSystems | Enterprise-Features, starke Governance, Performance | Bei größerer IT-Landschaft und langfristigen Rollouts |
Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen anhand eines konkreten Prozesses (z. B. Ihrem Reisekosten-Workflow) einen 4‑Wochen-Fahrplan inklusive grobem Kostenschätzer und Plattformempfehlung erstellen. Schreiben Sie mir kurz den aktuellen Ablauf und die wichtigsten Schmerzpunkte — dann skizziere ich Ihnen ein pragmatisches Umsetzungsdesign.