In vielen Unternehmen begegnet mir dieselbe Herausforderung: Ein klassisches Projektportfolio, das nach festen Phasen, Budgets und Genehmigungswegen gesteuert wird, soll agil werden – ohne Chaos, ohne den Verlust von Steuerbarkeit und Compliance. Ich möchte in diesem Beitrag beschreiben, wie ich eine „agile Governance“ für ein klassisches Projektportfolio aufbaue: praxisnah, schrittweise und mit Blick auf die Menschen, die das Ganze umsetzen müssen.
Warum agile Governance für ein klassisches Portfolio?
Ich beobachte immer wieder, dass klassische Portfolios starr auf Zeitpläne, Phasen und Meilensteine ausgerichtet sind. Das führt oft dazu, dass Projekte zwar formal erfolgreich abgeschlossen werden, aber Kundenanforderungen oder Marktchancen nicht schnell genug aufnehmen. Agile Governance ist für mich keine Verwerfung der bestehenden Regeln, sondern ein Mechanismus, der Flexibilität, Transparenz und Entscheidungsgeschwindigkeit in das vorhandene System bringt.
Agile Governance heißt in meinem Verständnis: klare Regeln, aber schlankere Entscheidungswege; regelmäßige Überprüfung statt starrer Pläne; und eine Finanz- und Risikosteuerung, die adaptive Investitionsentscheidungen erlaubt. So bleibt das Portfolio steuerbar und wird gleichzeitig reaktionsfähiger.
Grundprinzipien, die ich anwende
Praktischer Aufbau – mein 6-Schritte-Ansatz
Aus meiner Beratungspraxis hat sich ein pragmatischer Fahrplan bewährt. Ich beschreibe ihn hier in sechs Schritten, die wir iterativ umsetzen.
Beispiel für eine Entscheidungslandkarte (RACI)
| Aktivität | Responsible | Accountable | Consulted | Informed |
|---|---|---|---|---|
| Priorisierung Portfolio | Portfolio Manager | Portfolio Board | Business Owners, Architects | PMO, Teams |
| Finanzierung Release | Finance Partner | CTO/CFO | Portfolio Owner | Stakeholder |
| Risiko-Eskalation | Projektleiter | Risk Owner | Compliance | Management |
KPIs und Governance-Dashboards
Was ich messe, bestimmt, worauf man reagiert. Deshalb definiere ich zusammen mit meinen Kunden eine kleine, aber aussagekräftige KPI-Suite:
Ein Dashboard sollte diese Metriken zusammenführen und sowohl auf Management- als auch auf Team-Ebene zielgruppengerecht visualisieren. Ich nutze häufig Power BI oder Tableau in Verbindung mit Jira/DevOps-Daten.
Organisationale Anpassungen und Change-Management
Governance ist nicht nur Technik und Prozesse — es ist vor allem Kultur. Deshalb lege ich großen Wert auf:
In einem Projekt habe ich z. B. mit einem 3-monatigen Pilot für drei Initiativen begonnen: klarer Governance-Heartbeat, Rolling Funding und neue Reporting-Dashboards. Nach dem Pilot konnten wir die Durchlaufzeiten um 25% reduzieren und 2 Projekte frühzeitig stoppen, die sonst weiteres Budget verbrannt hätten.
Tool-Empfehlungen und Integrationen
Es gibt kein Allheilmittel, aber einige Kombinationen haben sich bewährt:
Wichtig ist, die Tools schlank zu halten und Integrationen automatisiert aufzubauen (z. B. Tickets, Releases, Budget-Status), damit das Reporting nicht zur manuellen Belastung wird.
Typische Stolpersteine und wie ich sie vermeide
Ein kurzer Praxis-Case
Bei einem mittelständischen Unternehmen im Maschinenbau habe ich ein klassisches Portfolio transformiert. Ausgangslage: starre Budgetzyklen, lange Entscheidungszeiten, mehrere Projekte mit ähnlichen Zielen. Wir haben:
Ergebnis: Priorisierungsentscheidungen wurden im Schnitt 40% schneller getroffen, und das Unternehmen stoppte zwei Projekte in der Validate-Phase bevor große Summen ausgegeben wurden. Das freie Budget nutzten wir, um ein marktrelevanteres Projekt zu skalieren.
Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen helfen, einen ersten Governance-Pilot vorzubereiten: Wir definieren gemeinsam die wichtigsten Prinzipien, wählen 2–4 Initiativen für den Pilot aus und bauen ein Dashboard, das bereits nach zwei Iterationen sinnvolle Steuerungsdaten liefert.