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Wie bauen sie eine agile governance für klassisches projektportfolio auf

Wie bauen sie eine agile governance für klassisches projektportfolio auf

In vielen Unternehmen begegnet mir dieselbe Herausforderung: Ein klassisches Projektportfolio, das nach festen Phasen, Budgets und Genehmigungswegen gesteuert wird, soll agil werden – ohne Chaos, ohne den Verlust von Steuerbarkeit und Compliance. Ich möchte in diesem Beitrag beschreiben, wie ich eine „agile Governance“ für ein klassisches Projektportfolio aufbaue: praxisnah, schrittweise und mit Blick auf die Menschen, die das Ganze umsetzen müssen.

Warum agile Governance für ein klassisches Portfolio?

Ich beobachte immer wieder, dass klassische Portfolios starr auf Zeitpläne, Phasen und Meilensteine ausgerichtet sind. Das führt oft dazu, dass Projekte zwar formal erfolgreich abgeschlossen werden, aber Kundenanforderungen oder Marktchancen nicht schnell genug aufnehmen. Agile Governance ist für mich keine Verwerfung der bestehenden Regeln, sondern ein Mechanismus, der Flexibilität, Transparenz und Entscheidungsgeschwindigkeit in das vorhandene System bringt.

Agile Governance heißt in meinem Verständnis: klare Regeln, aber schlankere Entscheidungswege; regelmäßige Überprüfung statt starrer Pläne; und eine Finanz- und Risikosteuerung, die adaptive Investitionsentscheidungen erlaubt. So bleibt das Portfolio steuerbar und wird gleichzeitig reaktionsfähiger.

Grundprinzipien, die ich anwende

  • Transparenz: Transparente Priorisierung, klare KPIs und sichtbare Abhängigkeiten.
  • Inkrementelle Finanzierung: Statt Vollfinanzierung für drei Jahre: Rolling Funding in Quarters oder Releases.
  • Governance-Heartbeat: Regelmäßige Steuerungszyklen (z. B. 4–8 Wochen) für Review und Re-Priorisierung.
  • Rollen statt Silos: Klare Verantwortungen (Portfolio Owner, Line Manager, Chapter Leads), aber mit cross-funktionaler Zusammenarbeit.
  • Regeln für Ausnahmen: Definierte Escalation- und Ausnahmeprozesse, damit Compliance nicht leidet.
  • Praktischer Aufbau – mein 6-Schritte-Ansatz

    Aus meiner Beratungspraxis hat sich ein pragmatischer Fahrplan bewährt. Ich beschreibe ihn hier in sechs Schritten, die wir iterativ umsetzen.

  • 1. Status quo und Pain Points erfassen: Ich beginne mit Workshops und Portfolio-Reviews, um Transparenz über Projekte, Budgets, Abhängigkeiten und Gate-Kriterien zu schaffen. Oft ergeben sich schon hier Quick Wins.
  • 2. Governance-Prinzipien definieren: Gemeinsam mit Stakeholdern formuliere ich die Zielprinzipien (z. B. Time-to-Market senken, Risiko begrenzen). Diese Prinzipien bilden den Maßstab für alle späteren Entscheidungen.
  • 3. Steuerungszyklen einführen: Ich empfehle einen Governance-Heartbeat. Beispielsweise: monatliche Portfolio-Reviews, quartalsweise strategische Adjustments, jährliche Budget-Reviews. Das sorgt für Rhythmus.
  • 4. Finanzierungslogik anpassen: Statt Einmalfinanzierung treibe ich ein Modell mit aufeinanderfolgenden Funding-Stufen voran: Initiate – Validate – Scale. Jede Stufe hat klare Kriterien für Fortsetzung oder Abbruch.
  • 5. Rollen & Entscheidungsrechte klären: Portfolio Owner, Business Sponsor, PMO, und Agile Teams brauchen klar definierte Rechte. Ich erstelle dazu ein RACI oder eine Entscheidungslandkarte.
  • 6. Tooling und Reporting modernisieren: Tools wie Jira, Microsoft Project kombiniert mit Power BI oder Confluence können Portfolio-Transparenz und Dashboards liefern. Ich setze auf wenige, integrierte Tools statt vieler Insellösungen.
  • Beispiel für eine Entscheidungslandkarte (RACI)

    Aktivität Responsible Accountable Consulted Informed
    Priorisierung Portfolio Portfolio Manager Portfolio Board Business Owners, Architects PMO, Teams
    Finanzierung Release Finance Partner CTO/CFO Portfolio Owner Stakeholder
    Risiko-Eskalation Projektleiter Risk Owner Compliance Management

    KPIs und Governance-Dashboards

    Was ich messe, bestimmt, worauf man reagiert. Deshalb definiere ich zusammen mit meinen Kunden eine kleine, aber aussagekräftige KPI-Suite:

  • Time-to-Value (TTv) pro Produkt/Projekt
  • Durchlaufzeit von Priorisierungsentscheidung bis Funding
  • Return on Investment pro Portfolio-Segment
  • Anzahl & Schwere von Abhängigkeiten/Bottlenecks
  • Team-Auslastung und Vorhersagbarkeit
  • Ein Dashboard sollte diese Metriken zusammenführen und sowohl auf Management- als auch auf Team-Ebene zielgruppengerecht visualisieren. Ich nutze häufig Power BI oder Tableau in Verbindung mit Jira/DevOps-Daten.

    Organisationale Anpassungen und Change-Management

    Governance ist nicht nur Technik und Prozesse — es ist vor allem Kultur. Deshalb lege ich großen Wert auf:

  • Kommunikationskampagnen, die den Nutzen erklären (nicht nur die Änderung selbst).
  • Trainings für Portfolio Owner und PMO zu agilen Entscheidungsprozessen.
  • Coaching für Führungskräfte, damit sie loslassen können, dort wo Teams mehr Autonomie benötigen.
  • Geleitete Piloten: kleine Teil-Portfolios, die das neue Modell testen bevor es skaliert wird.
  • In einem Projekt habe ich z. B. mit einem 3-monatigen Pilot für drei Initiativen begonnen: klarer Governance-Heartbeat, Rolling Funding und neue Reporting-Dashboards. Nach dem Pilot konnten wir die Durchlaufzeiten um 25% reduzieren und 2 Projekte frühzeitig stoppen, die sonst weiteres Budget verbrannt hätten.

    Tool-Empfehlungen und Integrationen

    Es gibt kein Allheilmittel, aber einige Kombinationen haben sich bewährt:

  • Jira Align oder Jira Portfolio – für techniknahe Portfolios und agile Teams.
  • Azure DevOps Boards – wenn DevOps-Integration gewünscht ist.
  • Power BI / Tableau – für Management-Dashboards und aggregierte KPIs.
  • Confluence – für Governance-Playbooks, Decision Logs und Transparenz.
  • Wichtig ist, die Tools schlank zu halten und Integrationen automatisiert aufzubauen (z. B. Tickets, Releases, Budget-Status), damit das Reporting nicht zur manuellen Belastung wird.

    Typische Stolpersteine und wie ich sie vermeide

  • Zu viel Veränderung auf einmal: Ich arbeite iterativ und beginne mit einem Pilot, um Akzeptanz zu gewinnen.
  • Mangelnde Executive-Sponsorship: Ohne sichtbare Führung wird Governance schnell unterlaufen. Ich suche deshalb explizite Sponsor-Verpflichtungen.
  • Unklare Rendite-Bewertung: Projekte bleiben oft auf „weicher“ Basis priorisiert. Ich stelle sicher, dass Bewertungslogiken (Value-Scorecards) operational sind.
  • Zu viele KPIs: Weniger ist mehr. Wir konzentrieren uns auf KPIs, die Entscheidungsfähigkeit erhöhen.
  • Ein kurzer Praxis-Case

    Bei einem mittelständischen Unternehmen im Maschinenbau habe ich ein klassisches Portfolio transformiert. Ausgangslage: starre Budgetzyklen, lange Entscheidungszeiten, mehrere Projekte mit ähnlichen Zielen. Wir haben:

  • ein Value-Scoring eingeführt, das Marktimpact, strategische Relevanz und technische Machbarkeit kombiniert,
  • Funding in drei Stufen eingeführt (Initiate, Validate, Scale),
  • einen Governance-Heartbeat von 6 Wochen etabliert und
  • ein Dashboard mit TtV und Risikoindikatoren aufgebaut.
  • Ergebnis: Priorisierungsentscheidungen wurden im Schnitt 40% schneller getroffen, und das Unternehmen stoppte zwei Projekte in der Validate-Phase bevor große Summen ausgegeben wurden. Das freie Budget nutzten wir, um ein marktrelevanteres Projekt zu skalieren.

    Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen helfen, einen ersten Governance-Pilot vorzubereiten: Wir definieren gemeinsam die wichtigsten Prinzipien, wählen 2–4 Initiativen für den Pilot aus und bauen ein Dashboard, das bereits nach zwei Iterationen sinnvolle Steuerungsdaten liefert.

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